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Offener Brief zur Zukunft der Badminton-Bundesliga beim 1. BC Beuel

Nach mehr als 25 Jahren werden wir, der 1. Badminton Club Beuel 1955 e.V., in der kommenden Saison keine Mannschaft mehr in der 1. Bundesliga melden. Die aktuelle Saison werden wir mit entsprechendem Einsatz beenden, um allen Mitgliedern, Zuschauern und Gegnern bei den ausstehenden Spieltagen attraktive Begegnungen zu bieten.

Mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga 1999, dem deutschen Meistertitel 2005, der Gründung der Badminton-Akademie Bonn-Beuel zur Förderung des Nachwuchsleistungssports 2009, dem Aufstieg der zweiten Mannschaft in die 2. Bundesliga 2017 und der Fertigstellung des Hans-Riegel-Leistungszentrums 2024 haben wir, als Verein, viele Meilensteine erreicht.

Für unsere Vision „Wir lieben Badminton und wollen so viele Menschen wie möglich für den Sport begeistern“, stehen wir mit mehr als 600 Vereinsmitgliedern und als größter reiner Badmintonverein Deutschlands. Wir bieten ein umfassendes badmintonspezifisches Sportangebot in einem Verein, der durch seine Mitglieder lebendig ist. All das war und ist nur mit enorm viel Herzblut, einer klaren Mission und einer starken Vision möglich.

Gehört es in diesem Fall nicht zum Selbstverständnis, dass wir mit einer Mannschaft in der höchsten nationalen Spielklasse, der 1. Bundesliga, vertreten sind? Spiegelt sie nicht genau die Vision des Vereins und die Vielfalt der Möglichkeiten wider, den Sport auszuüben – sei es im Breiten- oder Leistungssport? Über diese Frage haben wir uns seit vielen Jahren Gedanken gemacht und mit zahlreichen Mitgliedern, anderen Vereinsvertretern und Funktionären Gespräche geführt.

Dass eine Mannschaft in der 1. Bundesliga mit deutlich mehr Aufwand verbunden ist, als die anderen zehn Teams des BC, weiß jedes Mitglied, das einmal beim Aufbau, oder in der Cafeteria geholfen hat oder das Spieler aus England, Malaysia oder Kanada während eines Spieltages bei sich aufgenommen hat. Hinzu kommt die herausfordernde Sponsorenakquise, da unsere Sportart weniger medienwirksam als andere ist.

Der Aufwand hinter diesem Mammut-Projekt ist Jahr für Jahr enorm, und die Frage, ob wir überhaupt die Leute erreichen und damit auf unsere Vision einzahlen, haben sich bereits viele, auch unsere erste Mannschaft selbst, in einem offenen Brief an den Ligaverband 2022, gestellt. Sie hat die zahlreichen damit verbundenen Fragen für sich so beantwortet: „Es wurde uns noch einmal mehr klar, dass die Vision, die wir in Beuel verfolgen, es wert ist die Aufwände zu fahren. Wir wollen unsere lokalen Helden feiern, Spieler verpflichten, die sich mit unserem Verein identifizieren, unser Publikum begeistern und unserem Nachwuchs – den wir in Beueler Grundschulen gesichtet haben – etwas zum Träumen geben. Im besten Fall sogar die Möglichkeit, eines Tages selbst in der höchsten deutschen Spielklasse aufzulaufen.“

Diese Idee in der 1. Bundesliga zu verfolgen, setzt aber voraus, dass die Rahmenbedingungen eine attraktive Gestaltung ermöglichen und unterstützen. Dies ist aktuell nicht der Fall. Während Vereine mit einem breiten Engagement für die Sportart stark belastet werden, profitieren strukturarme Vereine ohne große Nachwuchsarbeit, aber mit hohen finanziellen Mitteln für den Erstligabetrieb. Die Leistungsdiskrepanz ist so hoch wie seit vielen Jahren nicht. Immer mehr Spiele enden mit klaren Ergebnissen wie 7:0 oder 6:1. Ursächlich dafür sind die großen finanziellen Leistungsunterschiede.

Da die Konkurrenzfähigkeit des nationalen Nachwuchses zudem deutlich abgenommen hat, steigt gleichzeitig der Anteil eingeflogener Spieler, oft ohne Verbindung zu den Vereinen, deren Mitgliedern und Zuschauern. Das unterstützt, im Sinne der nationalen Spitzensportförderung, die Falschen und zeigt sich auch im Zuschauerzuspruch. Leistungsgefälle und fehlende Identität führen zu weniger Euphorie und Identifikation. Genau entgegengesetzt ist das Bild in der 2. Bundesliga. Viele knappe Spiele, vor Ort trainierende Spieler, die sich mit dem Verein und der Vision identifizieren und als echte Vorbilder für den Nachwuchs dienen.

Übervolle Rahmenterminpläne verstärken diesen Effekt. Es ist verständlich, dass die internationalen Turniere für Bundeskaderathleten Priorität haben. Muss das aber gleichermaßen bedeuten die derzeitige Anzahl an Spieltagen in ein Korsett „freier“ Wochenenden zwischen September und März zu zwängen? Oder wäre nicht vielmehr eine Ausweitung der Saison auf weitere Monate oder eine Reduzierung der Spieltage hilfreicher? Für keinen Zuschauer ist es attraktiv bis zu vier Heimspieltage seines Vereins an einem Wochenende zu besuchen, der mit seinen zwei obersten Mannschaften in den Bundesligen spielt. Zudem ist es gerade für Kinder und Jugendliche durch das in den letzten Jahren stark ausgeweitete Jugendwettkampfsystem schwieriger geworden viele Heimspiele ihres Vereins zu sehen und von den „Großen“ zu Lernen.

Die Spielerinnen uns Spieler unserer Mannschaft haben dies in einem offenen Brief an den Ligaverband 2022 selbst wie folgt auf den Punkt gebracht: „Es braucht klare Ziele und Visionen (der Badminton-Bundesliga). Denn wir halten unsere Bundesliga für etwas sehr Besonderes, Wertvolles und Schützenswertes. Zum einen als wichtiges Instrument, um deutschlandweit unseren geliebten Sport zu repräsentieren. Zum anderen, um Vorbilder zu schaffen und unserem Nachwuchs zu zeigen, wohin es gehen kann.“

Wir, als Verein, haben für uns erkannt, dass wir unter den aktuellen Bedingungen den Aufwand nicht mehr stemmen wollen mit zwei Mannschaften in den beiden höchsten Spielklassen vertreten zu sein. Kurzfristige Änderungen sind aufgrund der vielfältigen Interessen der anderen Bundesligavereine und der Verbände nicht umsetzbar.

Die 2. Bundesliga bietet aus unserer Sicht aktuell die deutlich attraktiveren Rahmenbedingungen. Unsere zweite Mannschaft in der 2. Bundesliga hat bewiesen, dass sie Kinder aus den Beueler Grundschulen mindestens genauso inspirieren kann. Auch Athletinnen und Athleten, die in unserem Hans-Riegel-Leistungszentrum wohnen, spielen derzeit vielleicht nicht in der 1. Bundesliga, dafür aber zu großen Teilen in der 2. Bundesliga – und sie könnten in ein paar Jahren den Sprung nach ganz oben schaffen. Möglicherweise ist dann die Zeit reif einen Aufstieg in die 1. Bundesliga in Angriff zu nehmen. Jetzt freuen wir uns erst einmal auf den Rest der Saison und werden ab der kommenden Spielzeit mit voller Energie und bei toller Atmosphäre in der 2. Bundesliga aufschlagen.

Euer Vorstand